Vergleich der Unterstützung von USA und EU für die Ukraine

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs 2022 haben sowohl die USA als auch die Europäische Union (EU) erhebliche Hilfsleistungen für die Ukraine mobilisiert. Diese Unterstützung lässt sich grob in militärische, finanzielle und humanitäre Hilfe unterteilen. Im Folgenden werden die aktuellsten verfügbaren Daten (Stand Ende 2024) gegenübergestellt, sowohl in absoluten Beträgen als auch – sofern verfügbar – pro Kopf und relativ zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Geber. Anschließend wird die geopolitische Bedeutung der jeweiligen Unterstützung kurz analysiert.

Umfang der militärischen, finanziellen und humanitären Hilfe

Die Gesamtbeträge der US-amerikanischen und der europäischen Unterstützung bewegen sich inzwischen in ähnlicher Größenordnung. Europa (EU-Mitgliedstaaten und EU-Institutionen zusammen) hat zuletzt sogar etwas mehr geleistet als die USA (Ukraine support after 3 years of war: Aid flows remain low but steady – Shift towards weapons procurement | Kiel Institute). Die Aufteilung nach Kategorien zeigt jedoch unterschiedliche Schwerpunkte:

Unterstützungsart USA (seit 2022) EU (seit 2022)
Militärhilfe (Waffen, Ausrüstung, Ausbildung) ca. 64 Mrd. € ca. 62 Mrd. €
Finanzielle Hilfe (Budgethilfe, wirtschaftl. Unterstützung) ca. 45–50 Mrd.€ ca. 65–70 Mrd. €
Humanitäre Hilfe (Nothilfe, Flüchtlingshilfe, Nahrung, Medizin) ca. 5 Mrd. € ca. 7–10 Mrd. €
Gesamt ~114 Mrd. € ~132 Mrd. €

 

Hinweise: Die obigen Werte sind gerundet. Sie basieren auf Daten des Kiel Institute – Ukraine Support Tracker bis Ende 2024 und umfassen zugesagte Mittel seit Kriegsbeginn. Europäische Werte beinhalten die Beiträge der EU-Institutionen (z.B. Europäische Kommission, Europäischer Friedensfonds) und der EU-Mitgliedstaaten. Zum Vergleich: In drei Jahren summierte sich die gesamte westliche Hilfe für die Ukraine auf rund 267 Mrd. € (Ukraine support after 3 years of war: Aid flows remain low but steady – Shift towards weapons procurement | Kiel Institute). Davon entfielen etwa 49 % auf Militärhilfe, 44 % auf finanzielle Hilfe und 7 % auf humanitäre Unterstützung (Ukraine support after 3 years of war: Aid flows remain low but steady – Shift towards weapons procurement | Kiel Institute).

Aus der Tabelle wird ersichtlich:

  • Militärhilfe: Die USA haben mit ca. 64 Mrd. € etwas mehr militärische Unterstützung bereitgestellt als alle EU-Staaten zusammen (ca. 62 Mrd. €) (). Beide stehen hier quantitativ an der Spitze aller Geber. Die Militärhilfe umfasst Waffenlieferungen (von Munition bis hin zu Panzern und Luftabwehrsystemen) und die Ausbildung ukrainischer Streitkräfte.
  • Finanzielle Hilfe: Auf diesem Gebiet hat Europa deutlich mehr geleistet als die USA – ungefähr 70 Mrd. € gegenüber 50 Mrd. € (). Finanzielle Unterstützung umfasst vor allem direkte Budgethilfen (damit die ukrainische Regierung Gehälter und Renten zahlen und staatliche Dienste aufrechterhalten kann) sowie Kredite und Zuschüsse für die Wirtschaftsstabilisierung und den Wiederaufbau. Diese finanzielle Hilfe ist essenziell, um den ukrainischen Staat funktionsfähig zu halten (EU Assistance to Ukraine (in U.S. Dollars) | EEAS). (Beispielsweise hat alleine die US-Entwicklungsbehörde USAID über 28 Mrd. $ an Budgethilfe bereitgestellt ( Dentons – US support for Ukraine: A critical lifeline for Ukraine, an opportunity for US business ), während die EU-Kommission und Mitgliedstaaten ebenfalls umfangreiche Budgethilfen und Kredite leisten (EU Assistance to Ukraine (in U.S. Dollars) | EEAS).)
  • Humanitäre Hilfe: Beide haben im Vergleich zu Militär- und Finanzhilfen geringere, aber dennoch bedeutende Beträge für humanitäre Zwecke aufgewendet. Darunter fällt Nothilfe für die vom Krieg betroffene Bevölkerung (Nahrung, Medizin, Unterkünfte) und Unterstützung für Flüchtlinge. Die USA haben humanitäre Hilfen in der Größenordnung von einigen Milliarden Dollar geleistet (USAID alleine etwa 3,1 Mrd. $ ≙ ~2,9 Mrd. € für humanitäre Zwecke seit Kriegsbeginn ( Dentons – US support for Ukraine: A critical lifeline for Ukraine, an opportunity for US business )). Die EU (inkl. Staaten) liegt auch hier etwas höher – die EU-Kommission mobilisierte rund 4,8 Mrd. $ (~4,4 Mrd. €) für humanitäre Hilfe und Krisenreaktion (EU Assistance to Ukraine (in U.S. Dollars) | EEAS); rechnet man Beiträge einzelner EU-Staaten hinzu, kommt man auf grob über 5 Mrd. € bis Ende 2024. Somit hat Europa auch im humanitären Bereich insgesamt tendenziell etwas mehr geleistet als die USA. Allerdings machen humanitäre Hilfen nur rund 5–7 % der gesamten Ukraine-Hilfe aus (Ukraine support after 3 years of war: Aid flows remain low but steady – Shift towards weapons procurement | Kiel Institute) – der Löwenanteil entfällt auf Militär- und Finanzhilfen.

Pro-Kopf-Unterstützung und Anteil am BIP

Um die relative Belastung und den Beitrag pro Einwohner zu verdeutlichen, lohnt ein Blick auf Pro-Kopf-Werte und den Anteil der Hilfen am jeweiligen Bruttoinlandsprodukt:

  • Pro-Kopf-Werte: Teilt man die Gesamtbeträge durch die Bevölkerung der Geber, ergibt sich für die USA etwa 340 € Unterstützung pro Einwohner (114 Mrd. € / ca. 334 Mio. Einwohner ([PDF] Social Development Indicators – Center for Sustainable Systems)). Für die EU ergibt sich ein etwas niedrigerer Wert von grob 260 € pro Einwohner (132 Mrd. € / ca. 450 Mio. Einwohner (EU population increases again in 2024 – News articles – Eurostat)). Die US-Unterstützung fällt pro Kopf also etwas höher aus als die der EU. Dies liegt daran, dass die USA mit etwas weniger Gesamtvolumen auf deutlich weniger Einwohner kommen. Zum Vergleich: Länder unmittelbar an der Kriegsfront oder kleinere europäische Staaten haben teils deutlich höhere Pro-Kopf-Beiträge – z.B. die baltischen Staaten oder Polen, die gemessen an ihrer Bevölkerungszahl am meisten leisten ().
  • Anteil am BIP: Sowohl für die USA als auch für die EU ist der Anteil der Ukraine-Hilfe am eigenen BIP relativ gering. Laut dem Kieler Institut haben große Geber wie die USA, Deutschland oder das Vereinigte Königreich jährlich weniger als 0,2 % ihres BIP für die Ukraine aufgewendet (). Selbst unter Berücksichtigung aller Hilfsgelder seit 2022 liegt die Unterstützung pro Jahr also in einer Größenordnung von etwa einem Fünftelprozent des BIP. Einige kleinere Länder im Norden und Osten Europas (z.B. die baltischen Staaten, Polen, Skandinavien) stellen im Verhältnis zu ihrer Wirtschaftsleistung deutlich mehr bereit – aber selbst diese erreichen nur einige Zehntel Prozent des BIP (). Die EU insgesamt kommt schätzungsweise auf rund 0,2–0,25 % ihres kumulierten BIP pro Jahr für Ukraine-Hilfen (ähnliche Größenordnung wie die USA). Dieser geringe Anteil relativiert die fiskalische Belastung: Aus Sicht westlicher Staatshaushalte ist die Unterstützung für die Ukraine kein dominanter Posten, sondern eher vergleichbar mit kleineren nationalen Programmen (). (Zum Beispiel kosteten einzelne Steuersubventionen in Deutschland jährlich ein Mehrfaches der deutschen Ukraine-Hilfen (Ukraine support after 3 years of war: Aid flows remain low but steady – Shift towards weapons procurement | Kiel Institute).)

Geopolitische Bedeutung der Unterstützungsbeträge

Die massive Unterstützung der USA und Europas ist geopolitisch von hoher Bedeutung – sowohl für den Verlauf des Krieges in der Ukraine selbst, als auch für die transatlantischen Beziehungen und die globale Machtbalance:

  • Sicherstellung der ukrainischen Verteidigungsfähigkeit: Die Militärhilfen der USA und der EU haben entscheidend dazu beigetragen, dass die Ukraine sich gegen die russische Aggression zur Wehr setzen kann. Insbesondere die USA haben mit modernsten Waffensystemen, Munition und Geheimdienstkooperation die militärische Schlagkraft der Ukraine gestärkt. Europa zieht hier inzwischen mit, u.a. durch gemeinsame Beschaffungsinitiativen und die Bereitstellung moderner Waffentechnik (z.B. Leopard-Panzer, Luftabwehr) (EU Assistance to Ukraine (in U.S. Dollars) | EEAS). Dass USA und EU zusammen die Ukraine militärisch unterstützen, sendet auch das Signal westlicher Geschlossenheit an Russland. Geopolitisch gesehen wird die russische Armee dadurch geschwächt, ohne dass NATO-Truppen direkt eingreifen müssen – ein Balanceakt, der Russlands Expansion eindämmen soll, ohne eine direkte Konfrontation zwischen Russland und der NATO heraufzubeschwören.
  • Stützung der ukrainischen Staatlichkeit und Wirtschaft: Die finanzielle und humanitäre Hilfe – wo insbesondere Europa führend ist – gewährleistet die Funktionsfähigkeit der Ukraine als Staat trotz des Krieges (EU Assistance to Ukraine (in U.S. Dollars) | EEAS). Sie ermöglicht es Kiew, Beamte und Soldaten zu bezahlen, die Wirtschaft am Laufen zu halten und humanitäre Not zu lindern. Diese Stabilisierung nach innen ist genauso wichtig wie militärische Erfolge nach außen (EU Assistance to Ukraine (in U.S. Dollars) | EEAS). Geopolitisch unterstreicht dies den westlichen Willen, der Ukraine langfristig beizustehen und einen Kollaps oder erzwungenen Frieden zu Russlands Bedingungen zu verhindern. Zudem investiert Europa damit in die zukünftige Integration der Ukraine: Die EU hat der Ukraine den Beitrittskandidatenstatus verliehen und unterstützt Reformen auf dem Weg in die EU (EU Assistance to Ukraine (in U.S. Dollars) | EEAS). Die umfangreiche finanzielle Hilfe kann als Vorschuss auf eine engere Anbindung verstanden werden – nach dem Motto: die Ukraine gehört zur „europäischen Familie“ und soll dies schon jetzt spüren (EU Assistance to Ukraine (in U.S. Dollars) | EEAS).
  • Lastenteilung und transatlantische Beziehungen: Interessant ist die Verschiebung der Lastenteilung im Laufe des Konflikts. Anfangs trugen die USA den Großteil der Hilfe, mittlerweile hat Europa als Ganzes die USA überholt (Ukraine support after 3 years of war: Aid flows remain low but steady – Shift towards weapons procurement | Kiel Institute). Europäische Länder haben erkannt, dass die Ukraine-Krise direkt ihre eigene Sicherheit betrifft, und ihr Engagement deutlich ausgebaut. Die USA bleiben zwar ein unverzichtbarer Partner (vor allem militärisch), haben aber innenpolitisch eine Debatte über die weitere Unterstützung – im Kongress gab es 2023 eine mehrmonatige Blockade neuer Ukraine-Hilfen (Ukraine support after 3 years of war: Aid flows remain low but steady – Shift towards weapons procurement | Kiel Institute). Sollte in den USA künftig die Unterstützung nachlassen (etwa durch veränderte Mehrheitsverhältnisse oder geringere politische Priorität), müsste Europa eine noch größere Bürde schultern (Ukraine support after 3 years of war: Aid flows remain low but steady – Shift towards weapons procurement | Kiel Institute). Die bisherigen Zahlen zeigen, dass Europa dazu prinzipiell wirtschaftlich in der Lage wäre (angesichts des geringen BIP-Anteils), doch politisch erfordert dies weiteren Willen zur Solidarität. Aus transatlantischer Sicht hat die Ukraine-Hilfe die Allianz zunächst gestärkt: Beide Seiten des Atlantiks arbeiten eng zusammen, koordinieren Sanktionen gegen Russland und reduzieren die Abhängigkeit von russischer Energie (EU Assistance to Ukraine (in U.S. Dollars) | EEAS). Langfristig könnte die steigende europäische Eigenleistung jedoch auch zu mehr strategischer Autonomie Europas führen – die EU positioniert sich als selbstständiger Akteur, der in der Lage ist, Krisen in der eigenen Nachbarschaft maßgeblich zu bewältigen.
  • Signalwirkung und internationale Ordnung: Schließlich besitzen die Unterstützungssummen auch symbolische und normative Bedeutung. Sie demonstrieren, dass führende westliche Mächte bereit sind, viel Geld für die Verteidigung von Souveränität und Völkerrecht aufzubringen. Dies sendet ein Signal an andere potenzielle Aggressoren weltweit, dass ein Bruch des Völkerrechts nicht billig zu haben ist. Gleichzeitig beobachten auch Länder des globalen Südens genau, wie konsequent der Westen an der Seite der Ukraine steht. Die umfangreiche Hilfe soll zeigen, dass Demokratien zusammenhalten und gegen autoritäre Expansion verteidigen. Geopolitisch steht daher mehr auf dem Spiel als nur das Schicksal der Ukraine – es geht um die Glaubwürdigkeit der USA und Europas als Garanten der regelbasierten internationalen Ordnung.

Zusammenfassend untermauern die Zahlen die immense Bedeutung des westlichen Beistands für die Ukraine. Ohne die Milliarden an militärischer und finanzieller Hilfe wären die Ukraine’s Überlebensfähigkeit und ihr Widerstand gegen Russland stark eingeschränkt. Gleichzeitig verdeutlichen die vergleichsweise moderaten Anteile an Bevölkerung und BIP der Geber, dass noch Luft nach oben bestünde, falls die Unterstützung ausgeweitet werden müsste. Die USA und EU haben durch ihre Hilfsleistungen nicht nur das Kriegsgeschehen beeinflusst, sondern auch ihre eigene Rolle in der globalen Geopolitik neu justiert – mit Europa in einer zunehmend aktiven Führungsrolle und den USA als weiterhin entscheidendem, wenn auch wachsamer beobachtetem Partner (Ukraine support after 3 years of war: Aid flows remain low but steady – Shift towards weapons procurement | Kiel Institute) (Ukraine support after 3 years of war: Aid flows remain low but steady – Shift towards weapons procurement | Kiel Institute).

Quellen: Offizielle Daten aus dem Ukraine Support Tracker des Kieler Instituts für Weltwirtschaft () (Ukraine support after 3 years of war: Aid flows remain low but steady – Shift towards weapons procurement | Kiel Institute); Angaben der EU-Kommission/EEAS (EU Assistance to Ukraine (in U.S. Dollars) | EEAS) (EU Assistance to Ukraine (in U.S. Dollars) | EEAS); USAID/US-Regierung ( Dentons – US support for Ukraine: A critical lifeline for Ukraine, an opportunity for US business ); sowie ergänzende Analysen (siehe Zitationen).